Deutschland in ...

Den Goldenen Zwanzigern

Deutschland in ...
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Fr, 18.10.2024 | 23:55 - 00:40

Wissenschaft (D 2021)

Goodbye Kaiser – hello Party! In dieser Folge der "Terra X"-Reihe "Deutschland in ..." mit Mirko Drotschmann nimmt der Historiker die Goldenen Zwanziger unter die Lupe. Vor rund 100 Jahren erleben die Deutschen ein wildes Jahrzehnt. Der Erste Weltkrieg ist zu Ende, das prüde Kaiserreich Geschichte. Vergnügen, Rausch und Tempo bestimmen das neue Lebensgefühl. Es ist ein Aufbruch, aber es gibt auch Schattenseiten. Die Goldenen Zwanziger stehen für Tabufreiheit, Experimentierfreude in Kunst und Film, für sprühenden Erfindergeist und für die Emanzipation der Frau. Alles golden also? Nicht für alle Deutsche – viele Hunderttausende sind Kriegsinvaliden, es gibt Massenarmut, Arbeitslosigkeit und verdeckte Prostitution. Was ist Mythos, was Wahrheit an unserem Bild von den Goldenen Zwanzigern? Mirko Drotschmann zeigt das schillernde Jahrzehnt zwischen Kaiserzeit und Diktatur in allen Facetten. Dafür besucht er Revuepaläste und Bauhausvillen, testet einen Raketenwagen und steigt in eine der ersten Lufthansa-Maschinen. In einem virtuellen Studio lässt der Moderator den größten Amüsiertempel Berlins, das "Haus Vaterland", wieder auferstehen oder verwandelt sich in ein Kunstobjekt des Expressionismus, Kubismus und Surrealismus. Die Goldenen Zwanziger umfassen die Zeit zwischen der Hyperinflation 1923 und der Wirtschaftskrise 1929. Nur sechs Jahre, in denen die Wirtschaft brummt und viele Deutsche eine Zeit von Wohlstand und Freiheit genießen können. Erstmals leben sie in einer Demokratie – der Weimarer Republik. Die Verfassung der Weimarer Republik gilt als eine der fortschrittlichsten der Welt. Frauen dürfen zum ersten Mal in der deutschen Geschichte wählen und sich sogar wählen lassen. Fast jede dritte Frau ist damals berufstätig: als Stenotypistin, "Fräulein vom Amt", aber auch als Rechtsanwältin oder Juristin. Zum Erkennungszeichen der "neuen Frau" wird die Mode. Flapper-Kleid und Bubikopf ersetzen die langen Zöpfe und engen Korsagen der Kaiserzeit. Auch das Auto wird zum Symbol der weiblichen Emanzipation. Dafür steht vor allem Clärenore Stinnes, die als erster Mensch überhaupt mit einer Limousine die Welt umrundet. Die Brüder Wilhelm und Fritz Opel importieren 1923 ein neuartiges Fertigungsverfahren aus Amerika – das Fließband – und senken damit die Produktionskosten. Der "Opel Laubfrosch" wird damit zum "Auto für jedermann". BMW, Daimler und Audi ziehen nach. 1924 rattern über 100.000 Autos durch die Weimarer Republik. Kürzere Arbeitszeiten durch die Einführung des Achtstundentages lassen die Freizeitkultur aufblühen. Autorennen, Boxkämpfe oder Radsport werden zum Massenvergnügen. Nach den Erfahrungen von Krieg und Wirtschaftskrise feiern die Deutschen, als ob es kein Morgen gäbe. Die Hauptstadt Berlin wirbt mit mehr als 100 Nachtklubs, Bühnen und Varietés um die vergnügungssüchtige Kundschaft. Auch wenn es um Wissenschaft geht, sind die Zwanzigerjahre "golden". Die Weimarer Republik stellt damals ein Drittel aller Nobelpreisträger, darunter Fritz Haber, Max Planck oder Albert Einstein. Der Berliner Arzt Magnus Hirschfeld gründet das weltweit erste Institut für Sexualwissenschaft. Mit seinem Einsatz für die Anerkennung von gleichgeschlechtlicher Liebe und Transsexualität ist er seiner Zeit weit voraus. Und der schwäbische Ingenieur Claude Dornier bricht mit seinen Amphibien-Flugzeugen zu neuen Ufern auf. Zum Beispiel mit dem "Wal", einem Flugboot, das 1925 Roald Amundsen zu seiner Arktisexpedition fliegt, oder der "DO-X", das seinerzeit das größte Flugzeug der Welt ist. Der Börsencrash in den USA im Oktober 1929 läutet das Ende der schillernden Zwanzigerjahre ein. Auch in Deutschland stürzen die Aktienkurse in den Keller – bankrotte Firmen, Massenarbeitslosigkeit und Verelendung sind die Folge. Die Krise erschüttert die junge Weimarer Republik. In weniger als vier Jahren ergreifen die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler die Macht und versetzen Deutschland und den Rest der Welt in Angst und Schrecken.