kulturMONTAG

Kultur (A 2025)
Ein umtriebiger Blitzkerl – Nils Strunks neuer Streich "Killing Carmen" Mit Mozarts "Zauberflöte" sorgte er für hymnische Kritiken, mit Stefan Zweigs "Schachnovelle" spielte und musizierte er sich endgültig in die Herzen des österreichischen Publikums. Nils Strunk, das Multitalent, der Alleskönner aus Bad Oldesloe in Schleswig-Holstein. Aufgewachsen ist der heute 35-Jährige in der Thomas Mann-Geburtsstadt Lübeck, spielte als Jugendlicher in verschiedenen Bands, verdiente sich als Regie-Hospitant erste Sporen etwa bei Andrea Breth. Nach einem abgebrochenen Geschichtsstudium absolvierte er sein Schauspielstudium an der renommierten Hochschule Ernst Busch, spielte Hauptrollen von Danton bis Don Carlos. Mit "Mozart und Salieri" gab Strunk als Regisseur sein Debüt im Staatstheater Karlsruhe. Dazwischen reüssierte er immer wieder als fulminanter Bühnenmusiker. Seit 2021/22 ist der Deutsche festes Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater. Gemeinsam mit Lukas Schrenk hat er sich den märchenhaften "Zauberflöte"-Stoff vorgeknöpft und eine ganz unbekümmerte Neufassung geschaffen, die zum Kassenschlager an der Burg wurde. Jetzt holt der umtriebige Blitzkerl zu einem neuen Streich aus. Von Volksopernchefin Lotte de Beer bekam er eine künstlerische Carte blanche für sein Projekt "Killing Carmen". Eine der wohl populärsten Opern der Musikgeschichte verwandelt das dynamische Duo Strunk-Schrenk gemeinsam mit Gabriel Cazes in eine einzigartige Mischung aus verschiedensten Musikstilen – von Jazz und Flamenco über Western bis hin zu Musical, Pop und Chanson. Ein Kulturerlebnis, das die Grenzen zwischen klassischen und modernen Musikgenres verwischt, erwartet das Publikum. Bevor "Killing Carmen" an der Volksoper Wien Anfang Oktober Premiere hat, feiert die ungewöhnliche Produktion am Wiener Donauinselfest Uraufführung. Nils Strunk ist live zu Gast bei Clarissa Stadler Aneignung, Austausch, Verschmelzung – Kultur. Eine neue Geschichte der Welt Gibt es eine originäre Kultur? Oder besteht nicht jede Kultur aus Versatzstücken anderer Kulturen? Seit mehr als 40 Jahren wird ausgehend von den USA die Debatte über kulturelle Aneignung rund um den Globus geführt. "Von den prähistorischen Malereien der Chauvet-Höhle mitten in Frankreich bis zur Gegenwart identifiziert sich der Mensch mit seiner Kultur, und verwandelt sie doch gleichzeitig ununterbrochen", weiß der deutsche Literaturwissenschafter und Harvard Professor Martin Puchner und führt seinen Ansatz der kulturellen Identität der Versatzstücke in seinem neuen Buch "Kultur. Eine neue Geschichte der Welt" aus. Doch nun soll all das nicht mehr gelten, denn Trumps Regierung will nichts Fremdes. Ausländische Studierende müssen um ihren Aufenthaltsstatus fürchten. Die Universitäten, allen voran Harvard, werden zu Feinden erklärt. Laut Puchner geht es in Richtung Ethno-Nationalismus. Klar, Kultur ist Heimat. Bräuche, Rituale, Sprache – sie dienen dem Zusammenhalt nach innen und der Abgrenzung nach außen. Doch zu jeder Identität gehört auch der Dialog mit dem anderen. "Letztendlich ist, glaube ich, bei dem Begriff der kulturellen Aneignung ist ein bisschen was schiefgelaufen, weil nämlich plötzlich lauter Verbotsschilder aufgestellt wurden und ich gemerkt habe, dass gerade die jüngeren Studierenden wahnsinnig verunsichert sind, was dürfen sie überhaupt noch? MAGA – Donald Trumps Schlachtruf ‚Make America Great Again' ist brachiale Selbstverzwergung." Aus Martin Puchners klugem Buch lernen wir: Ideen, Traditionen gehen unter, tauchen wieder auf. Feind-Denken kann nur zerstören. Eine lässige Humoristin – Nell Zinks neuer Wurf "Sister Europe" Nell Zenk gilt als eine der originellsten Stimmen der US-amerikanischen Gegenwartsliteratur. Entdeckt wurde sie von keinem geringeren als Jonathan Franzen: In einem Leserbrief hatte die Hobby-Ornithologin den Bestseller-Autor für seine mangelnden Vogelkenntnisse kritisiert, woraufhin dieser zu ihrem größten Förderer wurde. Zum Schreiben kam die 1964 in Virginia, Kalifornien, geborene studierte Philosophin und Medienwissenschafterin erst im Alter von 50. 2019 veröffentlichte sie ihren ersten Roman "Virginia" und wurde dafür gleich für den National Booker Award nominiert. Inzwischen hat sich Zink, die südlich von Berlin in der beschaulichen Kreisstadt Bad Belzig lebt, eine riesige Fangemeinde erschrieben. Ihren neuen Roman hat sie in der deutschen Hauptstadt Berlin angesiedelt. In "Sister Europe" bekommen die Woken, die Anti-Woken, die Toleranten, die Rassisten oder gleich der ganze Kunst- und Literaturbetrieb ihr Fett weg. Lässig und mit jeder Menge Humor bewegt sich Zink durch aktuelle Diskurse, die jede Menge Sprengstoff bieten. Ihre Figuren sinnieren und diskutieren über Formfragen der Architektur, die Venedig-Biennale, Künstliche Intelligenz, Trans-Identitäten, den Nationalsozialismus und Dating-Apps, über Wolf Biermann, Rosa Luxemburg, Art Spiegelman und Vladimir Nabokov. Selten verweilt die Erzählung lange bei einem Gegenstand, vielmehr scheint sich die Autorin von spontanen Einfällen treiben zu lassen. Hier gibt es keinen kunstvoll inszenierten Plot; ganz im Gegenteil wirkt die Handlung fast wie ein humoristischer Stream of consciousness , der auch die Gedanken und Gespräche der Figuren enthält. Das passt recht gut zu Berlin als Schauplatz der Handlung, wo das Sich-treiben-lassen bekanntlich besser funktioniert als anderswo. Der "kulturMontag" hat sich mit Nell Zink auf einen Roadtrip quer durch Berlin begeben.
- Ein umtriebiger Blitzkerl – Nils Strunks neuer Streich "Killing Carmen.
- Aneignung, Austausch, Verschmelzung – Kultur. Eine neue Geschichte der Welt.
- Eine lässige Humoristin – Nell Zinks neuer Wurf "Sister Europe".
- Nils Strunk (Schauspieler, Musiker und Regisseur)
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